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Durch Johanna am 23.09.2022

Treffen mit Charles Fessler, Kastanienbauer und Imker in Muratu

Ein engagierter, vielseitiger Landwirt

Der junge Kastanienbauer, Imker und in nächster Zukunft auch Olivenbauer, Charles Fessler, ist immer in Bewegung. Er entwickelt sich ständig weiter, auf der Suche nach höchster Qualität. Seine Erzeugnisse zeugen von der Leidenschaft und dem tiefen Respekt, die er seinem Land entgegenbringt.

Er wurde in Muratu geboren. Weitergabe und Übertragung von einer Generation auf die andere waren seinen Eltern, Großeltern und Urgroßeltern bei allem immer sehr wichtig. Wir haben Charles einen Tag lang durch seine Kastanienplantage begleitet, von ihm gelernt Bäume zu veredeln, viel über die verschiedenen Kastanienarten erfahren, die unterschiedlichen alten Anlagen zur Herstellung von Kastanienmehl besichtigt und seine Bienenstöcke besucht...  Es war ein ganz besonderer Moment des Miteinanders, der in dieser Form sehr bald auch Besuchern offenstehen soll, die mehr über jene althergebrachten Berufe wissen möchten, die das heutige Korsika ausmachen. Um ihn besser kennenzulernen, haben wir Charles einige Fragen gestellt.

 

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Können Sie uns kurz erzählen, warum Sie Ihre Kastanienplantage wieder bewirtschaften und uns auch verraten wieviel sie derzeit produziert?

 

Als ich begann, lag diese Kastanienplantage bereits seit Jahrzehnten brach. Ich hatte gerade mein Studium abgeschlossen und Zeit. Wir befanden uns in einer Post-Cynips-Periode und die Kastanienbäume begannen wieder reichlich Früchte zu tragen. Da ich diese Bäume und diesen Ort schon immer über alles liebe, war es selbstverständlich für mich, die Plantage zu neuem Leben zu erwecken, wobei sie anfangs nur aus etwa zehn Bäumen bestand, heute sind es über hundert. Zuerst ging es mir dabei nicht um Berufliches, sondern vielmehr darum, das Erbe meiner Vorväter zu bewahren. Im ersten Jahr produzierten wir nur 192 kg Kastanienmehl. Letztes Jahr waren es bereits 1,3 Tonnen. Um die Produktion wieder richtig anzukurbeln wäre es wichtig, nächstes Jahr die gesamte Kastanienplantage auszulichten.

 

Was ist das Geheimnis bei der Herstellung hochwertigen Kastanienmehls?

 

Am wichtigsten ist die Fruchtqualität. Es gibt Kastaniensorten, die sich besser zur Herstellung von Mehl eignen als andere. In Muratu haben wir das Glück, dass hier viele verschiedene Sorten gibt, wobei die Tighjulane- und Ghjentilevarietät vorherrschen. Ihre Lohe ist sehr dünn (die zweite, ein wenig bitter schmeckende Schale der Frucht) und sie sind sehr süß im Geschmack. Auch die Trocknung ist eine sehr wichtige Etappe. Denn je trockener die Maronen sind, desto einfacher ist es für den Müller, daraus ein sehr feines Mehl zu mahlen. Sie besteht aus zwei Arbeitsschritten, bei denen man sehr sorgfältig sein muss: Zuerst werden alle in irgendeiner Form „angeschlagenen“ Kastanien aussortiert und wir entfernen die restliche Lohe. Eine unsachgemäße Sortierung hätte einen schlechten Mehlgeschmack sowie stichiges, d.h. unreines, Mehl zur Folge. Danach werden die Maronen langsam im Ofen getrocknet (frz. biscuiter). Das Mehl wird dadurch leicht bräunlich und der süße Geschmack der Früchte entfaltet sich. Alle diese Etappen werden von uns fachgerecht durchgeführt und die Trocknung erfolgt in einem traditionellen Secatoghju und Holzofen.

 

Jetzt zum Honig - wie viele verschiedene Sorten produzieren Sie? Welche davon ist Ihre Lieblingssorte und warum?

 

Ich wechsle oft den Standort meiner Bienenstöcke, um das Honigsortiment zu vergrößern. Im Frühling gibt es Clementinen-Frühlingshonig von einem Bienenstock in der Plaine Orientale an der Ostküste sowie Macchia-Frühlingshonig von einem Bienenstock in der Nähe des Dorfes. Im Juni stelle ich alle Bienenstöcke unter die Kastanienbäume, um im Juli Kastanienhonig zu ernten und gleichzeitig werden so meine Bäume bestäubt. Auch im Herbst ernte ich ein wenig Macchia-Herbsthonig, aber diesen Honig hebe ich für die Bienen als Wintervorrat auf. Mein persönlicher Lieblingshonig ist der Kastanienhonig. Es ist ein kräftiger Honig, den manche aufgrund seiner leichten Bitterkeit nicht so sehr mögen, aber für mich spiegelt er meine Region in all ihren Qualitäten wider.

Was empfinden Sie, wenn Ihre Erzeugnisse fertig vor Ihnen stehen und Sie sie dem Händler zum Verkauf übergeben?

 

Ich bin stolz, insbesondere auf das Kastanienmehl, das Schritt für Schritt von uns hergestellt wird, von der Pflege der Plantagen bis zur Verarbeitung der Früchte. Es ist ein Gefühl innerer Erfüllung, das darin besteht, ein qualitativ hochwertiges Endprodukt erzeugt und dabei das Know-how unserer Ahnen bewahrt zu haben. Es ist etwas ganz Besonderes. Dieses Produkt ist Teil unseres Kulturerbes.

 

Sie planen interessierten Besuchern Führungen durch Ihren Betrieb anzubieten, was möchten Sie den Menschen durch Ihre diversen Aktivitäten vermitteln?

 

Ich finde es wichtig, den Kunden gegenüber ehrlich zu sein, das heißt zur echten Landwirtschaft zurückzukehren, das überlieferte Wissen mit ihnen zu teilen und sie gleichzeitig für grundlegende Umweltfragen zu sensibilisieren.

 

Was halten Sie von der Gastronomie als Mittler zwischen Touristen und heimischen Erzeugern?

 

In unserem Land nimmt die Gastronomie einen wichtigen Platz ein und ich denke, dass unsere Region in diesem Bereich einiges vorzuweisen hat. Wir besitzen sehr viele hochqualitätive Produkte, wie zum Beispiel Wurstwaren, Käse, Honig oder Wein. Gastronomietourismus ermöglicht den Besuchern, die lokalen Erzeugnisse mit der Geschichte, dem Know-how und der Kultur einer Region zu verbinden.

 

Ein weiteres Ihrer aktuell laufenden Projekte ist ein Olivenhain! Können Sie uns mehr darüber erzählen?

 

Natürlich. Mein Vater und ich haben vor fast zwei Jahren gemeinsam unterhalb des Dorfes etwa 650 Olivenbäume angepflanzt. Auch hier haben wir örtliche Varietäten verwendet. Der Olivenhain besteht zum größten Teil aus Ghjermana-Olivenbäumen und der Rest aus der Sabina-, Capannacce- bzw. Oliese-Varietät. Wir hoffen dank dieser Neupflanzungen in einigen Jahren ein hochwertiges Olivenöl produzieren zu können, das die typischen Merkmale der Insel in sich trägt.

 

 

 

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Für weitere Informationen: 

06 88 41 71 80 

charles.fessler@gmail.com

 

Einige interessante Eckdaten...

 

Die Edelkastanie

 

Auf Korsika gibt es 7 Sorten Edelkastanien:

 

  • in Tighjulona
  • in Morianinca
  • in Ghjentile
  • in Saorida
  • in Russella
  • in Merunaccia
  • in Campanese

 

2010 Gründung der geschützten Ursprungsbezeichnung „Farina castagnina corsa – Farine de châtaigne corse“ (dt. Mehl aus korsischen Edelkastanien)

 

2020 wurden 150 Tonnen Mehl produziert*

*Quelle: Landwirtschaftskammer

 

 

Der Honig

 

Auf Korsika gibt es 6 Sorten Honig und Honigtau:

  • Frühlingshonig
  • Macchia-Frühlingshonig
  • Macchia-Honigtau
  • Macchia-Sommerhonig
  • Kastanienhonig
  • Macchia-Herbsthonig

 

Auf Korsika wird seit der Antike Imkerei betrieben.

1998 Gründung der geschützten Ursprungsbezeichnung „Miel de Corse – Mele di Corsica“ (dt. Honig aus Korsika)

Es gibt einen korsischen Ökotyp der Biene, die Apis mellifera mellifera corsica, kurz APA CORSA genannt

 

Die Oliven

 

Es gibt 7 mit der geschützten Ursprungsbezeichnung „Oliu di Corsica“ (dt. Oliven aus Korsika) ausgezeichnete Olivensorten:

 

  • Sabina
  • Zinzala
  • Aliva nera
  • Ghjermana
  • Curtinese
  • Capanacce
  • Oliese

 

Auf Korsika werden ungefähr 135.000 Olivenhaine bewirtschaftet.

Olivenöl ist ein wichtiger Bestandteil der Mittelmeerdiät (auch Kreta-Diät genannt), deren Vorteile von Gesundheitsexperten sehr gelobt werden.

 

Mehr zum Thema erfahren Sie unter:

Der Honig
Das Kastanienmehl

Die Oliven

  ODARC-Webseite (Amt für landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung Korsikas)

 

Tourismusinformation NEBBIU CONCA D’ORU: Entdecken Sie die Region

 

Ziel

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KORSISCHE GASTRONOMIE